Donnerstag, 15. September 2022

Resilienz, Schmesilienz

 Die Welt und die Menschen, die da sind und die Menschen, die nicht da sind und die unerwünschten Veränderungen, die eintreten und die erwünschten Veränderung, die ausbleiben und die schlechten Erinnerungen, die nicht gehen wollen und die guten Erinnerungen, die nicht wiederkehren wollen. Sie alle zusammen vermischen sich und formen die gewaltigste Wolke.
Anfangs durch die vielen Farben von Erinnerungen, Menschen und der Welt durchzogen winden sie sich im bunten Farbenspiel umeinander, rotieren aufwärts und werden dabei immer schneller und immer hungriger. Die Fäden aus samter Watte nähren sich gierig von Wasser, Luft und Leben, reißen alles in ihre hohlen Mägen, gedeihen und wachsen und wachsen, während die Mägen immer größer werden. Ihre Nahrung floriert mit jedem Schritt, jeder Tat, jedem Gedanken und jeder Wahrnehmung.
Weiter, höher bäumt sich die Wolke auf und das Rot will zum Blau, das Lila zum Weiß und jede Farbe sucht sich stetig neue Partner im wildem Sturm der Zeit, so dass am Ende nur ein dunkles Grau verbleibt. Mit einem Knall, dem Höhepunkt erreicht, fällt sie in sich zusammen, weil die Last von hohlen Mägen nicht mehr getragen werden kann. In wenigen Jahren, einem Augenblick, vom prächtigen, farbenfrohen Turm zum grauen Moloch einer fetten und flachen Wolke, die zäh über dem Menschen schwebt und sich kaum vom Fleck rühren kann. 
Kaum merklich tippt ihr erster Tropfen auf dem Menschenkopf.
Und dann ein Weiterer. 
Es ist und wird immer nur ein Tropfen sein, der zeitgeich aus der Wolke kommt. Die Ersten sind kaum spürbar, die Nächsten werden lästig, die Nächsten der Nächsten offenbaren die Resilienz des Menschen. 

Erstellt mit Mittelreise KI


Die erste Landschaft, die vor dem Mensch erscheint ist die Akzeptanz. Ein steiler, schier unüberwindbarer Hang, fast so gewaltig, wie die Wolke selbst. Dahinter erstreckt sich weder Erfolg noch eine Ebene. Vielmehr ein Auf und Ab von Bergen, Tälern und Hügeln. So leicht ist es doch durch Achtsamkeit Akzeptanz aufzubauen, muss sich der Mensch doch nur bewusst werden, dass die größte Wolke über ihm steht und es stetig tropft. Wie schwer kann das sein?

Und es tropft.

Hat der Mensch den Hang überwunden und findet sich im mühseligen Land des Optimismus wieder. Hinter einem so steilen Hang kann doch nicht noch einer warten, müssten die Menschengedanken lauten. Immer einen Schritt vor dem anderen setzen, das nächste Tal als Belohnung, den nächsten Berg als endlich ansehen. Zuversicht, im Anbetracht einer endlosen Landschaft und einer gigantischen Wolke, die stets tropft, zu entwickeln, wird der Mensch doch wohl hinkriegen?

Und es tropft.

Der Grundstein für die seelische Widerstandsfähigkeit ist die Selbstwirksamkeit, die sich als gewaltiger, reißender Fluss zwischen ihm und dem Weiterkommen stellt. Der Mensch muss an die eigenen Fähigkeiten glauben. Die Fähigkeit als kleines, erschöpftes Wesen durch etwas schwimmen zu können, das in einer Armlänge mehr Energie vereint, als sein ganzer Körper aufbringen kann. So schwimme du kleiner Mensch, Schwimmen wurde doch jedem beigebracht?

Und es tropft.

Vor völliger Erschöpfung fast zusammenbrechend, kriecht der Mensch an den felsigen Strand seiner Eigenverantwortung. Pitschnass und keuchend wird es doch ein Leichtes sein, sich in dieser Lage nicht als Opfer der Umstände zu sehen, sondern vielmehr als Ursache. Wer diesen reißenden Fluss einst angelegt hat, wird sicherlich auch sein Ufer überwinden können?

Und es tropft.

Tausende Krabben am Strand beißen, klammern und zwicken mit ihren Klauen in die Menschenniere. Er schreit auf vor Schmerz, kann sich kaum noch halten. Zieht sich von Stein zu Stein, von Krabbe zu Krabbe. Vor lauter Leid bemerkt er nicht, dass die Krabben die Landschaft sind, die Netzwerkorientierung. Siehe die, die dir fast deine Bauchdecke durchbohrt haben, doch bitte als Freunde an, die dir Kraft schenken wollen für deine Krise. Ist es wirklich so schwer ihnen freundschaftlich die Klaue zu reichen?

Und es tropft.

Hinter dem Krabbenmeer ersteckt sich endlich die Ebene der Lösungsorientierung. Hier ist der Mensch nun. Diese Beine tragen nicht, diese Armen werden schwer. Kein Baum, kein Strauch, kein Berg, kein Schnee, keine Gras, kein Nichts. Nur flach und Erde. Verwundet und am Ende muss sich doch ein Weg finden, der dem Menschen hilft wieder an Stärke zu gewinnen. Es ist für den Mensch kein Ding der Unmöglichkeit einen Weg hier rauszufinden, oder?

Am Ende ist ein Horizont zu erkennen und der Mensch sackt zusammen, fällt auf die Knie. Schaut sich nach vorn um zum Nichts und zum Horizont. Er ist leer, die Landschaft fühlt sich leer an. 
Keine steilen Hänge, Berge, reißenden Flüsse oder Krabben mehr. Aber auch kein Gefühl. Er dreht sich in die andere Richtung und ist versucht umzukehren. Lieber das alles noch einmal durchleben, als das Nichts zu spüren. 

Langsam rafft er sich auf und setzt einen Schritt zurück in Richtung Krabbenmeer, als er es endlich realisiert. 

Und es tropft nicht mehr.



Mr. K



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