Montag, 20. Februar 2012

Ideal für Vollidioten


„Freunde sind wie Sterne...“ „Wahre Freunde sind immer für Dich da und nicht erst Morgen, vielleicht oder irgendwann, sondern sofort“ hach...
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Ein Thema das mir nicht zuletzt deshalb auf der Seele liegt, weil ich manchmal selbst dazu neige mit diesen Bilderbuchphrasen um mich zu werfen. Im Regelfall um jemandem zu schmeicheln oder ein schlechtes Gewissen zu machen. Vollkommener Eklektizismus gegen unvollkommene Freundschaften. Weil es einfach gut klingt. Und nehmen uns damit die Möglichkeit, das Objekt das wir für so einzigartig halten, mit unseren eigenen Worten zu beschreiben. Wir assimilieren. Wir verkünsteln uns normgerecht. Solange bis unsere Beziehungen dem Ideal entsprechen. Dem Glauben an ewige Freundschaft und uneingeschränkten Zusammenhalt. Das ist doch... scheiße ;)
Sowas z. B.

„Ein wahrer Freund steht noch zu dir, wenn sich alle anderen längst von dir abgewandt haben“

Die Frage die ich mir da stelle ist „ja warum überhaupt?“. Bist du vielleicht irgendwie ein kleines Bisschen sogar selbst Schuld? Und trittst die Gutmütigkeit der Menschen, die zu naiv sind einzusehen, dass du dich zum totalen Vollidioten gemauserst hast, die "einzig wahren Freunde" mit Füßen?
Dieser Spruch suggeriert uns also, dass sich nur die aller echtesten Freunde ausnutzen lassen?
Ich weiß meine Freunde durchaus zu schätzen. Aber ist es mir deshalb verboten, die Deppen auszusortieren?
Viel eloquenter noch:

„Wahre Freunde sitzen im Knast neben dir und sagen: geile Aktion“

welcher von seiner Prämisse und lyrischen Raffinesse fast schon ein Machtwerk der Onkelz oder Frei.Wild sein könnte.
Sollte ich mich eines Tages in der Situation befinden ins Gefängnis zu wandern, ist „geile Aktion“ sicher das Letzte was ich dann hören will. Klingt spießig, aber gerade von diesen Leuten erwarte ich eigentlich, dass sie mich davon abhalten Dummheiten zu machen.
Und zu guter Letzt:

„Freunde sind wie Sterne, du siehst sie nicht immer aber sie sind immer da“.

Ein Satz der sich inzwischen ja irgendwie schon durch die Tatsache disqualifiziert, dass wir nicht mehr in der Lage sind andere mit unseren Problemen zu "belasten". Und falls wir es doch mal tun, erzählen wir viel mehr als eigentlich nötig ist. Versinken im Selbstmitleid und nutzen die Möglichkeit, endlich jemanden zu haben von dem wir insgeheim wissen, dass er uns nur zuhört, weil er es für seine Pflicht hält, nach Strich und Faden aus. Jey.

Die Clou ist allerdings nicht, dass es keine echten Freunde gäbe, sondern das Ideal von Freundschaft. Entstehend aus diesen, inzwischen unendlich abgedroschenen Floskeln, die jeden Tag aufs neue von Leuten dazu missbraucht werden, sie ihren Liebsten an den Kopf zu werfen, in der Hoffnung, dem etwas näher zu kommen, von dem sie insgeheim wissen, dass es keinesfalls ihrer Beziehung entspricht.
Absolut identische Beobachtungen bei den Partnerschaften. Nur kommen wir hier in den Luxus wesentlich schnellerer Ergebnisse. Schließlich haben die meisten „4evatogeda“ Beziehungen bestenfalls eine Haltbarkeit von geräuchertem Lachs oder Kräuterschmand.
Das nur am Rande.
Man könnte jetzt natürlich noch weiter machen, aber ich muss diesen Text ja dann auch noch korrigieren und... joa... wisst Bescheid :D 

Generell halte ich das zweite Zitat auch für eines der wenigen, die man sich zu Herzen nehmen sollte, um nicht eines Tages im Luftschloss vergessen zu werden.
„Wahre Freunde sind immer für Dich da und nicht erst Morgen, vielleicht oder irgendwann, sondern sofort“

Aber jetzt auch nicht so der rhetorischer Überflieger, oder?